Konzert: Luminous Night – Ola Gjeilo
Benni: Hallo Katharina. Schön, dass wir dieses Interview mit dir führen können. Du bist Organisatorin des Konzertes. Wie kam es dazu?
Katha: Ich studiere angewandte Musikwissenschaft und Musikpädagogik und im Laufe des Studiums muss jede*r von uns ein Praxisprojekt absolvieren. Da kann man ganz kreativ werden und das machen, was man möchte, zum Beispiel etwas komponieren, arrangieren, einen Podcast aufnehmen oder etwas organisieren. Da Chormusik in meinem Leben schon immer eine große Rolle gespielt hat, wollte ich ein Chorkonzert organisieren.
Benni: Und wie kam es dann zu dem Generationenkonzert?
Katha: Zu der Zeit hat der Chor, in dem meine Großeltern singen, ein Stück von Ola Gjeilo aufgeführt. Und auch die Vocalholics fingen an, etwas von diesem Komponisten zu proben. Dabei ist mir dann aufgefallen, okay, das scheint Musik zu sein die sowohl Jung als auch Alt begeistert und mir gefiel die Idee, mehr als nur einen Chor bei diesem Konzertprojekt auftreten zu lassen. So kam es dann zu dieser Konstellation.
Benni: Ola Gjeilo ist ja auch ein zeitgenössischer Komponist, was begeistert dich speziell an seinen Werken?
Katha: Die Musik geht ein bisschen Richtung Filmmusik, das gefällt mir sehr. Ola Gjeilo kommt aus Norwegen, dort spielen Licht und Dunkelheit eine sehr wichtige Rolle. Gerade das Stück „Luminous Night“, das sehr vielschichtig ist, spiegelt dies wider. Ich finde, es präsentiert diese Dunkelheit, die dann von strahlenden Akkorden aufgebrochen wird. Manchmal klingt es so grummelnd und gefährlich und dann verschieben sich in jeder Stimme nur ein paar Töne und plötzlich bricht das Licht durch. Die Musik ist modern, aber trotzdem klassisch und sie strahlt. Ich finde, es ergeben sich sofort Bilder des Leuchtens im Kopf.
Benni: Du hast dir da wirklich viele Gedanken gemacht. Welche Aufgaben beinhaltet denn die künstlerische Leitung außerdem?
Katha: (seufzt und lacht) Eine Menge. Als ich die Idee hatte, habe ich zunächst Jochen Kästner (Dirigent der Vocalholics Anm. d. Red.), und Thomas Witschel, den Dirigenten der Liedertafel Eschenau, die der Seniorenchor sind, gefragt, ob sie Lust auf das Konzert hätten. Dann war es auch keine einfache Aufgabe, einen Kinderchor zu finden, der die Stücke von Gjeilo singen kann, da diese doch recht anspruchsvoll sind. Zum Glück habe ich gute Kontakte zum Kinderchor des Fränkischen Sängerbundes, da ich und ein Großteil der Vocalholics dort selbst einmal mitgesungen haben. Deren Dirigent, Mario Frei, hat sich direkt bereit erklärt, zwei Stücke mit den Kindern zu proben, so musste ich nur noch einen Erwachsenenchor finden, um alle Generationen bei diesem Konzert vertreten zu haben. Jetzt sind Sängerinnen und Sänger im Alter von 9 bis 90 Jahren dabei, genauso wie ich das ursprünglich vorhatte. Darauf bin ich sehr stolz. Als ich alle Chöre zusammen hatte und der grobe Plan stand, kam die Corona-Pandemie. Die Planung läuft im Grunde also schon seit über zwei Jahren. Die Suche nach einem Auftrittsort gestaltete sich als sehr schwierig. Eine Kirche hätte eine tolle Akustik geboten, leider durfte man ja eine ganze Zeit lang nur 25% der Räume auslasten, also musste ich etwas Größeres finden, in dem möglichst viel Publikum Platz hat. So kam ich dann an die Meistersingerhalle in Nürnberg. Eine weitere große Herausforderung war dann das Festlegen eines Termins, schließlich müssen zu dem Konzert alle vier Chöre mit Dirigenten Zeit haben und der Konzertsaal muss verfügbar sein, so kam der 2. Juli zu Stande. Der dritte große Punkt sind natürlich die Kosten. Die Chöre müssen anreisen, das Orchester muss bezahlt werden, die Meistersingerhalle kostet viel Geld, es muss Werbung gemacht werden und so weiter. Aus diesem Grund habe ich Geld aus verschiedenen Fördertöpfen beantragt und konnte vom BMCO (Bundesmusikverband Chor und Orchester e.V. Anm. d. Red.) eine Förderung in Höhe von 10.000 Euro gewinnen, wodurch ich das Konzert finanzieren kann. Ein weiterer wichtiger Punkt war es, einen juristischen Veranstalter zu finden. Da bin ich der Chorjugend sehr dankbar, dass sie das übernehmen.
Benni: Da hast du ja Einiges zu tun gehabt. Lass uns nochmal kurz zu dem Thema Generationenkonzert kommen. Was zeichnet die einzelnen Chöre aus und was ist der Mehrwert, dass genau diese Chöre miteinander singen?
Katha: Ich finde das Konzept des Konzertes sehr spannend. Normalerweise ist es so, dass ein Chor ein Konzert hat und da verschiedene Stücke von unterschiedlichen Komponist*innen präsentiert. Bei diesem Konzert ist der rote Faden jedoch der Komponist, dessen Stücke von vier verschiedenen Chören aufgeführt werden. Ganz am Anfang meiner Idee wurde ich darauf angesprochen, ob das denn nicht langweilig wird, wenn nur Stücke von einem Komponisten aufgeführt werden, da man das den Stücken ja schon anhört. Meiner Meinung nach bringen die Chöre unterschiedliche Qualitäten mit und gestalten dadurch die Stücke interessanter. Beim Kinderchor zum Beispiel haben meine Eltern früher immer gesagt, dass wir klingen wie Engelchen. Die Kinderstimmen sind einfach sehr hell, klar und strahlend. Die Vocalholics bringen schon eine ganz andere Klangfarbe und Energie mit sich. So auch die Chorgemeinschaft St. Georg Pressath, die von Richard Waldmann geleitet wird. Der Seniorenchor tut sich vielleicht manchmal mit der englischen Sprache ein bisschen schwer, singt aber dafür seit über 50 Jahren zusammen. Dadurch ergibt sich ein sehr reiner Chorklang, bei dem jeder Vokal genau gleich geformt ist. So ist es der Generationeneffekt, der den Mehrwert bietet. Erstens können wir sehr viel voneinander lernen und zweitens verbindet uns die Musik. Jeder Chor bringt seine eigene Nuance und Stärke mit, deshalb können wir uns auf ein sehr facettenreiches Konzert freuen.
Benni: Ich sehe schon, du hast dir viele Gedanken dazu gemacht. Was bedeutet denn das Projekt für dich persönlich? Du meintest ja schon, dass es im Rahmen deines Studiums entstanden ist. Was bedeutet das Konzert für deine weitere Laufbahn?
Katha: Dass es ein Uni-Projekt ist, ist tatsächlich etwas in den Hintergrund gerückt. Für meine Prüfungsleistung hätte ich mindestens 60 Arbeitsstunden aufbringen müssen. Ich habe allerdings in dieses Projekt bestimmt schon 400 Stunden investiert. Ich bin sehr froh über die Motivation, weil ich so ein Projekt ohne die Uni höchstwahrscheinlich niemals gestartet hätte. Ich überlege, im Master Musik- und Kulturmanagement zu studieren und dafür konnte ich in der ganzen Planungsphase echt viel lernen. Vier Chöre, deren Dirigenten und Instrumentalist*innen unter einen Hut zu bringen, war keine leichte Aufgabe. Ich bin sehr stolz auf mich, dass ich das gemeistert habe. Am Anfang hatte ich etwas Angst vor dem Projekt und dachte, ich habe mich vielleicht etwas übernommen. Ich habe ja keine Ausbildung in diesem Bereich, aber ich freue mich mittlerweile riesig auf den Konzertabend und denke, dass es einfach wahnsinnig cool wird, auch wenn überhaupt nicht alles perfekt wird, und das muss es ja auch nicht. Also der Anspruch daran ist nicht Perfektion. Der Anspruch daran ist, dass wir nach der Pandemie wieder gemeinsam Musik machen und erleben können. Zusätzlich habe ich außergewöhnliches Format geschaffen und mir bewiesen, dass ich eine Idee entgegen jeder Konvention verwirklichen kann.
Benni: Ich sehe, da steckt viel Leidenschaft drin, die weit über ein Uni-Projekt hinaus geht. Deine Passion für den Chorgesang zeigt sich ja auch in deinem ehrenamtlichen Einsatz in der Chorjugend und beim Kinderchor des Fränkischen Sängerbundes. Wie gestaltet sich deine Arbeit dort?
Katha: Ich habe früher, wie viele Mitglieder der Vocalholics, im Kinderchor gesungen.
Aus dem Kinderchor sind die Vocalholics entstanden, da wir mit dem Singen nicht aufhören wollten.
Selina (Vocalholics-Mitglied) und Ich kümmern uns beispielsweise um die Organisation der Probenwochenenden des Kinderchores, der Jugendherbergen, der Spiele- sowie Kennenlernabende oder der Weihnachtsfeier.
Während der Pandemie haben wir extra Spieleabende veranstaltet, damit die Kinder den Anschluss zueinander nicht verlieren. Im Grunde fühlt sich die Arbeit mit dem Kinderchor wie damals an, als wir noch dort gesungen haben. Viele Leute aus dem Jugendpräsidium der Chorjugend waren selbst auch im FSB Kinderchor, wodurch sich zeigt, dass die Zeit dort nachhaltig prägend ist. Besonders das Konzept der Chorwochenenden, die man miteinander verbringt, verbindet die Leute intensiver miteinander – mehr noch als Schulfreund*innen. Schlussendlich würde ich sagen, dass das Singen im Kinder- bzw. Jugendalter nur einen besseren Menschen aus Dir machen kann.Ich kann für mich auf jeden Fall sagen, dass der Kinderchor mein Leben bereichert hat, und es macht mich umso stolzer nun wieder ein Teil davon zu sein und die Probenwochenenden mitzugestalten.
Benni: Wir freuen uns also auf ein schönes Zusammensein, das einen Mehrwert für alle Generationen bietet. Vielen Dank für deine ganze Arbeit und das Interview.
Katha: Ja, sehr gerne. Vielen Dank
Das Konzert findet am 02.07.2022 um 19 Uhr in der Meistersingerhalle in Nürnberg statt.
Wir freuen uns auf zahlreiche Besucher*innen, Tickets gibt es günstig bei Eventim.🌠✨